Dieser Mann trifft keine Entscheidungen, will nirgends ankommen und hält sich für verrückt: So tickt Hannes Andexer

Ich bin… ein bissl verrückt

Ich will… verrückt bleiben

Ich werde nie… normal sein

 

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WIR OSTSTEIRER begegnen Hannes Andexer, 53 Jahre alt, geboren in Mürzzuschlag, lebt in St. Ruprecht.

 

WIR OSTSTEIRER (WOS): Du sagst, du bist verrückt. Woran machst du das fest? Wie kommst du auf die Idee?
HANNES: Sehr oft tu ich mir schwer, die Dinge so zu bewerten oder zu sehen, wie sie sind. Ich tu mir schwer mit den Gepflogenheiten, dem „So-wie-es-sich-gehört“. Da hab ich nicht wirklich einen Zugang dazu. Für mich ist es wichtig, die Dinge so zu tun, wie sie für mich richtig sind, und nicht so, wie sie die Allgemeinheit gerne sehen würde.

WOS: Wie oft eckst du damit an?
HANNES: Anecken gar nicht, weil ich die Dinge ja für mich so mache und das nicht unbedingt nach außen projezieren muss oder die Menschen von meiner Art zu leben überzeugen muss. Somit kann ich jeden so lassen, wie er ist, und ich bin halt so wie ich bin.

WOS: Ein Beispiel für dein Verrücktsein?
HANNES: Die Geschichte mit meiner Frau! Wir waren knapp 16 Jahre, als wir uns kennengelernt haben. Wir haben viele Höhen und Tiefen durchgemacht, wo von 100 Paaren sicher 99 auseinandergegangen wären, und das nicht nur einmal. Trotz aller Widrigkeiten und Geschichten, die wir uns gegenseitig vorgespielt haben, war immer wieder die Idee da, das ist der Mensch für mich, der passt zu mir und ich will den nicht aufgeben. Diesen Menschen aufzugeben macht keinen Sinn. Das würde meinen Weg stören.

WOS: Wie lang seid ihr zusammen?
HANNES: Ungefähr 37 Jahre sind das jetzt.

WOS: Das ist für heutige Verhältnisse eine lange Zeit.
HANNES: Kommt nicht so häufig vor, das ist schon richtig. Ich meine, man trennt sich heute viel zu schnell. Man ist nicht mehr bereit, sich selber zu hinterfragen. Man sagt: ok, funktioniert nicht, ich geh. Meine Ansicht ist, dass es oft wert wäre, ein bissl dahinter zu schauen, was nicht klappt und warum es nicht klappt.

WOS: Das klingt nach: Zu Entscheidungen hat man gefälligst zu stehen und Ende.
HANNES: Nein, das stimmt überhaupt nicht, im Gegenteil. Ich bin grundsätzlich kein Fan von Entscheidungen, sondern ich bin ein Mensch, der eine Wahl trifft. Entscheidungen haben für mich immer was Endgültiges, wo ich sage, da kann ich nicht mehr zurück. Eine Wahl ist ein bissl sanfter, ein bissl weicher, und ich kann grundsätzlich jeden Tag, jede Stunde eine neue Wahl treffen. Auch, was die Beziehung betrifft.

WOS: Also wählst du deine Frau immer wieder von neuem?
HANNES: Das kommt des öfteren vor, dass ich eine Wahl treffe. Auch bei uns funktioniert nicht immer alles hundertprozentig. Auch wenn man schon 37 Jahre zusammen ist, kommen immer wieder Punkte hoch.
Der beste Mensch, um in den Spiegel zu schauen, ist immer der Lebenspartner. Und wer schaut schon gerne in den Spiegel. So tauchen dann immer wieder Dinge auf, die interessant sind, die spannend sind, und wo man dann wieder eine Wahl trifft und sagt: ok, oh ja, möchte ich. Bei einer Entscheidung habe ich nicht diese Möglichkeit. Die habe ich getroffen und muss sie durchziehen. Das ist nicht mein Ansatz.

 

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Hannes und seine Frau Andrea sind seit 37 Jahren ein Paar, und das freiwillig.

 

WOS: Du meinst also, eine Entscheidung fesselt und lässt keinen Ausweg. HANNES: Ja, es macht das ganze eng. Das ist wie ein Pferd mit Scheuklappen: Für diesen Weg habe ich mich entschieden und jetzt muss ich ihn gehen, bis ich auf die Schnauze falle. So funktioniert für mich das Leben nicht.

WOS: Wie funktioniert es dann für dich?
HANNES: Für mich besteht das Leben aus sehr vielen Weggabelungen und Kreuzungen, wo ich immer wieder wählen kann, in welche Richtung ich gehe. Gefällt mir – ok, geh ich weiter. Gefällt mir nicht – ok, nächster Weg. Das macht es spannend, weil du immer wieder offen bist für etwas Neues, weil du immer wieder Neues siehst und erlebst. Und nicht in einer eingefahrenen Schiene dahinlebst, wo du dann irgendwann die Perspektive verlierst.

WOS: Wenn du von einer Weggabelung zur anderen lebt, hast du jemals das Gefühl, dass du angekommen bist oder ist dir das ohnehin nicht wichtig?
HANNES: Ankommen? Ich kann nirgends ankommen. Wo will ich denn hin? Ich mach mich nicht auf einen Weg von A nach B, von der Geburt bis zum Tod, das ist ja nicht der Weg. Wo soll ich ankommen, ich bin ja nirgends weggegangen.

WOS: Viele meinen ja, dass man angekommen ist, wenn man endlich die richtige Beziehung, den richtigen Partner hat.
HANNES: Eine Beziehung, Ehe, Partnerschaft ist total erfüllend und wunderschön – kann so sein. Aber nur dann, wenn ich mir nicht erwarte, dass mich der andere rettet vor irgendwas, dass er mich irgendwohin bringt. Dass er mich rund macht. Das wird nicht funktionieren. Da werd ich ziemlich schnell und ziemlich oft Enttäuschungen erleben.

WOS: Man sollte von seinem Partner, seiner Partnerin, also gar nichts erwarten?
HANNES: Überall dort, wo wir Erwartungen haben, ist auch eine Enttäuschung mit verpackt. Weil es einfach nicht möglich ist, eine Erwartung eines anderen zu erfüllen. Er hat andere Vorstellungen, andere Ideen, einen anderen Hintergrund. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, trägt sein eigenes Paar Schuhe, die ich nicht anziehen kann. Die mir auch nicht passen würden. Somit ist es mir nicht möglich, eine Erwartung oder Hoffnung eines anderen zu erfüllen. Das wäre ziemlich anspruchsvoll.

 

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“Wo soll ich ankommen, ich bin ja nirgends weggegangen!”

 

WOS: Wenn du dem 16jährigen Hannes jetzt etwas sagen könntest mit deiner heutigen Erfahrung, was wär das?
HANNES: Mach es genau so, wie du es gemacht hast. Es ist nichts falsch. Ich würde heute nicht hier stehen mit den Dingen die ich erlebt habe, wenn ich nur einen Schritt anders gemacht hätte. Es ist nicht möglich, einen Fehler zu machen. Es ist nicht möglich, irgendwas falsch zu machen, weil es keinen Sinn macht, etwas falsch zu machen. Hinter jeder Gelegenheit, hinter jedem Menschen, den du triffst, hinter jeder Erfahrung, die du machst,ist ein Geschenk verpackt. Das einzige, was zu tun ist: Schau dir das Geschenkt an.

WOS: Schwierig, wenn man gerade bis zum Hals in der Scheiße steckt, das dann auch noch als Geschenk zu sehen.
HANNES: Bis zum Hals in der Scheiße stecken heißt, dass es nicht mehr viel tiefer gehen kann. Das sind schlaue Worte, ich weiß. Auch ich hab solche Erfahrungen gemacht und mach sie nach wie vor. Auch mir geht es nicht immer gut. Keinem Menschen geht es immer gut, weil auch das keinen Sinn macht. Ich weiß, dass es schwierig ist, wenn man grad ganz tief drin steckt in der Geschichte, sich zu fragen, was da für ein Geschenk verpackt ist. Meistens merkt man es erst hinterher. Das gilt es herauszufinden, wenn man drinnensteckt. Fakt ist, dass keiner an der sogenannten Scheiße erstickt, es kommt nichts auf dich zu im Leben, das du nicht packen kannst.

WOS: Du arbeitest als Energetiker. Kann man sagen, du bist einer, der sich das zum Beruf gemacht hat, Leuten beim Geschenke auspacken zu helfen?
HANNES: Beruf ist nicht ganz richtig. Mir macht es wahnsinnig Spaß, mit Menschen zusammen zu sein, mit Menschen zu reden. Und natürlich macht mir das unheimlich Spaß, Menschen, die zu uns kommen ein Werkzeug anzubieten, eine Möglichkeit anzubieten, wie man etwas verändern kann. Ich möchte aber betonen, dass nicht ich etwas verändern kann für jemanden, sondern nur jeder selber. 

WOS: Sind das Werkzeuge, die dir auch selbst geholfen haben?
HANNES: Das ist eines von den Dingen, die für mich wichtig sind: Klar hab ich aufgrund meiner Erfahrungen in meinem Leben mich auch irgendwann auf die Suche begeben nach meinen Geschenken. Ich bin auf viele Leute gestoßen, die mich weitergebracht haben, habe sehr viele Seminare und Ausbildungen, Kurse, Workshops gemacht und sehr viele Werkzeuge in die Hand bekommen. Du kannst den Leuten nur das mit auf den Weg geben, was du selber erfahren hast. Sonst geht es nicht. Alles andere ist gelesen, kopiert, nachgemacht.


 

Hannes Andexer arbeitet als Energetiker in St. Ruprecht und bietet Einzel-/Gruppensitzungen, Workshops, Seminare, Meditationsabende, Gesundheitsprodukte. Infos: www.crazyhappy.at.


 

Das ist noch nicht alles! Wir wollen mehr davon!

Hannes ist der Gewinner unseres 500-Likes-Gewinnspieles und hat darum mit WIR OSTSTEIRER diesen Beitrag gestaltet. Weil dieses Gespräch so spannend war, haben WIR OSTSTEIRER beschlossen: Davon wollen wir mehr. Hiermit startet also unsere Rubrik “Wie tickts du?”

Mitmachen kann jeder, der Lust darauf hat. Wenn du deine Geschichte gemeinsam mit WIR OSTSTEIRER erzählen möchtest, melde dich! Du kannst uns mailen (wos@wir-oststeirer.at), uns anrufen (0680/3018485) oder uns auf Facebook anschreiben.