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Hier am Olariziberg bei Gleisdorf sucht der Geist des Grafen Olarizi noch immer seine große Liebe

Nebel hängt über dem Olariziberg, und obwohl es erst Mittag ist, ist es im Gastzimmer der Weinstube Olarizi ziemlich finster. Gäste sind noch nicht da, aber Herbert Hierzer, der Besitzer des Anwesens am Olariziberg, und seine Pächterin Kerstin Wagner warten schon bei einem Häferl Tee. Wir wollen in die Geschichte des Olarizibergs eintauchen, und die passt zum Wetter: Sie ist mehr als düster…

Früher, lange vor der Zeit von Fernsehen und Internet, wurden viele Geschichten erzählt. Die des Grafen Olarizi ist eine davon. Um Hexen geht es da, um große Liebe, Krieg und Geister. Manches davon ist historisch belegt, doch das Reich der Legenden ist nie fern. Aber beginnen wir lieber am Anfang.

Schon zur Zeit der Römer wurde am heutigen Olariziberg Weinbau betrieben. In den Tälern rundherum wurde Kohle und Sandstein abgebaut. Lindwürmer sollen sich in den Wäldern herumgetrieben haben, und mit dem ersten Gras im Frühjahr kamen Reiterhorden aus dem Osten und verheerten das Land. Später wütete hier die Pest derart, dass der gesamte Landstrich abgeriegelt wurde, um ein weiteres Ausbreiten der Krankheit zu verhindern. „Man hat gewartet, bis kein Rauch mehr aus den Rauchfängen aufstieg, und dann noch drei Monate. Dann wurde aufgeräumt,“ erzählt Herbert Hierzer.

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Herbert Hierzer ist der Besitzer des Anwesens am Olariziberg und er kennt die Geschichte dieser Region wie wenige andere.

1684 begann die Neubesiedelung der Hofstellen rund um den Berg. Federführend dabei war der Graf Olarizi. Er ließ an den Hängen wieder Wein anbauen und führte den Landstrich zu neuer Blüte. Der Wein vom Olariziberg wurde sogar bei Hofe getrunken.

Nur den regelmäßigen Überfällen durch die Reitertruppen konnte auch Olarizi kein Ende setzen. Immer wieder musste er ausrücken, um sich ihnen mit seinen Männern zu stellen.

Schon damals gab es auf dem Olariziberg eine Schenke. Davon stehen heute nur noch ein paar Steine, die das Fundament für den ältesten Teil der heutigen Weinstube bilden. Der damalige Liegenschaftsverwalter hieß Hübler, und dessen Tochter Helena war die Wirtin. „Die schöne Helena“ soll sie genannt worden sein, und sie war nicht nur ihrer Schönheit sondern auch ihrer Liebenswürdigkeit wegen beliebt. Nur die Kirche hatte für Helena wenig Wohlwollen übrig: Man sah in ihr eine Hexe.

Die „Hexe“ vom Olariziberg

Es brauchte nicht viel dazu, Helena der Hexerei zu bezichtigen. Ein wenig schlechtes Wetter genügte dafür. Am Olariziberg stand damals schon eine Linde. Dort traf man sich, dort wurde Gericht gehalten, dort wurden auch Hinrichtungen durchgeführt, die Linde diente aber auch den Arbeitern am Berg als Unterstand bei Regen. Jene Linde aber zog Blitze fast magisch an, auch heute noch schlägt der Blitz dort regelmäßig ein.

Helena wusste, wie gefährlich es sein konnte, sich bei einem Gewitter dort aufzuhalten. Sie warnte die Arbeiter und ließ sie in die Gaststube kommen zum Unterstehen. Tatsächlich schlug bei diesem Gewitter der Blitz in die Linde ein und hätte die Arbeiter wohl getötet. Die waren Helena sehr dankbar, doch die Kirche hatte nun einen Grund, Helena wegen Hexerei anzuklagen.

Sie wurde auf die Riegersburg gebracht, wo ihr der Prozess gemacht werden sollte. Der Graf Olarizi aber, der sich schon immer gerne mit der Obrigkeit angelegt hatte, wollte das nicht zulassen. Er rettete Helena aus dem Kerker und brachte sie nach Hause. Es heißt, der Graf sei verliebt in sie gewesen, und auch sie soll ihn geliebt haben.

Helenas Tod

Im Jahr 1708 wurde die Gegend wieder einmal überfallen. Die Kuruzzen fielen ein und richteten auf dem Berg nahe der Linde ihr Zeltlager ein. Von dort hat man einen guten Überblick über die umliegenden Täler, das kam den Kuruzzen sehr gelegen.

Die Menschen flohen in die Wäler und versteckten sich in den Kohlengruben, doch die Angreifer spürten sie auf. Alle sollten sterben, wenn sich nicht zwei Frauen opfern und mitkommen würden. Helena und einer weitere Frau kehrten mit den Männern zurück ins Heerlager. Um sich vorzustellen, was die Frauen dort erwartete, braucht man wenig Fantasie und wer viel davon hat, wünscht sich, nicht damit gestraft zu sein.

Helenas Vater, der Verwalter Hübler, floh, um dem Grafen Olarizi zu berichten, was vorgefallen war. Er fand den Grafen am Sulzberg, wo heute der Buschenschank Maier-Paar steht. Dort, in der zerstörten Liegenschaft, hatte sich der Graf mit seinem Stab versammelt, um die Verteidigung gegen die Eindringlinge zu planen, als Hübler mit letzter Kraft dem Grafen schilderte, was sich am Berg zugetragen hatte.

Der Graf ritt sofort los, stürmte das Heerlager und metzelte alle Männer nieder, die sich in den Zelten aufhielten. Seine Helena konnte er aber nicht retten, zu schwer war sie misshandelt worden. Helena war tot.

Die Wandlung des Grafen

Der Graf veränderte sich nach diesem Vorfall. Zuvor war er ein umgänglicher Herrscher gewesen, der gut auf seine Untertanen schaute. Nun war er streng und unnahbar und trieb seine Arbeiter mit der Peitsche an. Selbst bei den Türken war er als brutaler Kämpfer bekannt, der vor keiner Form der Gewalt zurückschreckte.

1712 ritt Graf Olarizi wieder einmal durch die Weingärten und trieb seine Leute an. Ein Gewitter zog auf, doch der Graf trotzte dem Wetter und ritt weiter. Auf einmal erschütterte ein gewaltiger Donnerschlag den Berg und der Blitz schlug ein. Die Arbeiter duckten sich, und als sie wieder aufblickten, konnten sie gerade noch sehen, wie Graf Olarizi zusammenbrach und sein Pferd unter ihm ebenfalls. Pferd und Reiter waren vom Blitz getroffen worden und auf der Stelle tot – ganz nahe bei der Stelle, an der Jahre zuvor Helena gestorben war.

Heute noch steht an dieser Stelle ein Stein, der an den Grafen Olarizi erinnert, und seitdem trägt der Berg den Namen Olariziberg.

Dieser Stein erinnert an den Grafen Olarizi. Herbert Hierzer hat ihn auf seinem Anwesen gefunden und ihn wieder aufgestellt.
Dieser Stein erinnert an den Grafen Olarizi. Herbert Hierzer hat ihn auf seinem Anwesen gefunden und ihn wieder aufgestellt.

Graf Olarizi reitet noch immer

Mit dem Grafen Olarizi starb auch sein Name aus, das Geschlecht der Olarizi ging mit ihm unter. Doch noch heute soll Graf Olarizi gelegentlich über den Hügelkamm reiten und nach dem Rechten sehen. Sogar gesehen wollen ihn manche haben. „Ein Gast soll sogar von ihm umgeritten worden sein,“ erzählt Herbert Hierzer. „Da kann aber auch der Wein vom Olariziberg einen Beitrag zur Legende geleistet haben…“

Dass man den Grafen rund um die Linde spüren kann, bestätigt aber auch Herbert: „Ich habe öfter da oben zu tun, aber manchmal gehe ich lieber wieder, wenn er schlechte Laune hat.“ Auch Kerstin Wagner hat ihn schon wahrgenommen. „Man hört ihn am Dachboden gehen und trampeln, oder er verstellt den Radio, schmeißt Türen zu… Der Graf ist sehr präsent!“ Unheimlich findet Kerstin das schon, aber bedrohlich nicht: „Ich glaube, er hatte ein gutes Herz und er hat Helena sehr geliebt. Ihr Tod hat ihn hart gemacht.“

Der Nebel rund ums Haus ist noch dichter geworden und langsam wird es richtig finster in der Stube. In den dunklen Winkeln lauern noch die Schatten der alten Geschichten, doch das Ticken der Uhr holt uns in die Gegenwart zurück. Die Stimme der Vernunft stellt klar: Die Wirtin vom Olariziberg heißt nicht mehr Helena, sondern Kerstin. Doch eine andere, ganz leise Stimme stellt noch eine letzte Frage: Weiß das auch Graf Olarizi?